Wissen verschenken – das klingt ja erstmal nicht besonders intuitiv. Warum solltest du Kunden deine Expertise umsonst zur Verfügung stellen, wenn du sie ihnen auch verkaufen könntest?
Dazu ein kurzes Beispiel, das ich vor einigen Tagen selber beobachtet habe. Und zwar auf dem Weihnachtsmarkt „Weißerzauber“ auf dem Hamburger Jungfernstieg. Hier gibt es hauptsächlich alle möglichen Stände für Essen (und Getränke). Ich würde behaupten, dass die wenigsten Marktbesucher einen ausreichend großen Magen haben, um an jedem ansprechenden Stand Essen zu kaufen. Die Standbetreiber könnten es daher dem Zufall überlassen, ob der Heißhunger genau vor ihrer Bude zuschlägt oder eben vor der ihrer Konkurrenz. Das wollen sie aber natürlich nicht. Mit einer Tüte Schmalzgebäck in der Hand konnte ich also beobachten, wie die Verkäufer des Wurst- und Schinkenstandes allen Passanten mundgerecht zugeschnittene Salami-Happen hinhielten und sie ansprachen, ob sie nicht kosten wollten.
Ein großer Teil der Menschen lief einfach weiter. Darunter waren sicher einige Vegetarier, Veganer oder Personen, die den Geschmack von Salami nicht mögen. Viele Passanten hatten vermutlich in diesem Moment keinen Hunger, eventuell sind einige davon später zurückgekehrt, weil sich der Appetit doch noch gemeldet hat. Was sicherlich selten bis nie vorgekommen ist: Menschen, die eigentlich etwas gekauft hätten, aber aufgrund der Gratisprobe davon abgerückt sind.
Was geschah auf der anderen Seite mit den Personen, die ein Stück Salami probiert hatten? Ein Teil davon ging weiter, ohne etwas zu kaufen, was also einen Verlust für die Standbetreiber bedeutete. Der Rest aber kaufte ein - und zwar in wesentlich größerem Umfang, als sie vorher umsonst gegessen hatten. Was ich noch interessanter fand: Je mehr verschiedene Probierstückchen Kunden erhielten, desto mehr unterschiedliche Salamis kauften sie am Ende.
Wie kann man diese Beobachtung auf Geschäftsmodelle anwenden, die sich nicht auf dem Weihnachtsmarkt abspielen? Ganz einfach: Wir sollten uns von den Standbetreibern abschauen, dass es sich immer lohnt, Menschen etwas umsonst anzubieten. Das ist in fast jedem Bereich möglich. Als Speakerin oder Coach könntest du beispielsweise einen Podcast betreiben, in dem du der interessierten Öffentlichkeit einige Tipps und Tricks zur Verfügung stellst. Als Verkaufstrainerin bietet es sich an, ein Gratis-PDF mit Verkaufstipps zusammenzustellen, die deinen potentiellen Kunden bereits erste Lösungsansätze bieten. Blogs sind ebenfalls eine sehr gute Möglichkeit, um Expertise zu teilen.
Trotz aller vorweihnachtlichen Gefühle solltest du aber nie aus purer Selbstlosigkeit Wissen an deine Kunden verschenken. Denn dann fehlt ihnen der Anreiz, in Folge eine wirkliche Dienstleitung bei dir zu kaufen. Der Stand auf dem Weihnachtsmarkt hat keine fertig verpackten, ganzen Salamis verschenkt. Sondern kleine Stückchen, die den Probierenden das Wasser im Mund haben zusammenlaufen lassen - und Lust auf mehr geweckt haben. Genau so muss auch eine Gratisprobe deiner Dienstleistung aussehen:
1. Sie sollte perfekt auf deine Zielgruppe zugeschnitten sein.
Um im Beispiel zu bleiben: Es macht keinen Sinn, Sellerie- und Karottensticks an Passanten zu verteilen, die danach Salami kaufen sollen. Denn die Gratisprobe weckt kein Interesse an der eigentlichen Dienstleistung und lockt stattdessen Kundschaft an, die sich an einem anderen Stand besser aufgehoben fühlen und deshalb auch nicht bei dir einkaufen wird. Überlege dir also genau, welche Problemen und Herausforderungen deine Zielgruppe beschäftigt und welche Gratis-Kostprobe deines Könnens daher besonders interessant für sie wäre.
2. Sie sollte dem Kunden echten Mehrwert liefern.
Stell dir vor, dir wird in den höchsten Tönen ein kostenloses PDF angepriesen, in dem du extrem hilfreiche Verkaufstipps bekommen sollst. Nun öffnest du besagtes Dokument und findest 5 generische Aussagen, die du dir auch selber hättest überlegen können. Würdest du jetzt noch ein Vertriebscoaching bei diesem Anbieter buchen? Vermutlich nicht, denn er hat dir ja bereits etwas versprochen, was er dann nicht geliefert hat - ein unverzeihlicher Vertrauensbruch. Und der Einblick in seine Expertise, den er als Kostprobe geliefert hat, war auch nicht besonders überzeugend. Stelle also grundsätzlich sicher, dass du tatsächlich das hältst, was du versprichst und deinen Kunden sinnvollen Input gibst. So bauen sie Vertrauen zu dir und deiner Expertise auf und sind eher bereit, in deine hochpreisigeren Angebote zu investieren. Denn wenn du ihnen schon für umsonst gut geholfen hast, möchten sie sicher gern herausfinden, wie viel mehr sie für Geld bekommen können.
3. Sie muss noch Wünsche offen lassen.
Es macht keinen Sinn, bereits alles zu verraten, was der Kunde wissen muss. Ansonsten braucht er dich und deine Dienstleistung nicht mehr. Deshalb haben die Verkäufer auf dem Weihnachtsmarkt auch keine ganzen Salamis verschenkt, sondern nur kleine Appetithappen. Verrate deinen Kunden also immer nur so viel, wie sie brauchen, um Interesse an deiner Dienstleistung zu bekommen. Mach ihnen das Leben umsonst einfacher - und zeige ihnen gleichzeitig, dass es noch viel einfacher werden kann, wenn sie mit dir zusammenarbeiten!