Strategie

22.11.2022

Sophie-Marie Hornburg

Warum es sich manchmal lohnt, Wissen zu verschenken

Wissen verschenken – das klingt ja erstmal nicht besonders intuitiv. Warum sollten Sie Kund:innen Ihre Expertise umsonst zur Verfügung stellen, wenn Sie sie ihnen auch verkaufen könnten?

Dazu ein kurzes Beispiel, das ich vor einigen Tagen selber beobachtet habe. Und zwar auf dem Weihnachtsmarkt „Weißer Zauber“ auf dem Hamburger Jungfernstieg. Hier gibt es hauptsächlich alle möglichen Stände für Essen (und Getränke). Ich würde behaupten, dass die wenigsten Marktbesucher:innen einen ausreichend großen Magen haben, um an jedem ansprechenden Stand Essen zu kaufen. Die Standbetreiber:innen könnten es daher dem Zufall überlassen, ob der Heißhunger genau vor ihrer Bude zuschlägt oder eben vor der ihrer Konkurrenz. Das wollen sie aber natürlich nicht. Mit einer Tüte Schmalzgebäck in der Hand konnte ich also beobachten, wie die Verkäufer:innen des Wurst- und Schinkenstandes allen Passant:innen mundgerecht zugeschnittene Salami-Happen hinhielten und sie ansprachen, ob sie nicht kosten wollten.

Ein großer Teil der Menschen lief einfach weiter. Darunter waren sicher einige Vegetarier:innen, Veganer:innen oder Personen, die den Geschmack von Salami nicht mögen. Viele Passant:innen hatten vermutlich in diesem Moment keinen Hunger, eventuell sind einige davon später zurückgekehrt, weil sich der Appetit doch noch gemeldet hat. Was sicherlich selten bis nie vorgekommen ist: Menschen, die eigentlich etwas gekauft hätten, aber aufgrund der Gratisprobe davon abgerückt sind.

Was geschah auf der anderen Seite mit den Personen, die ein Stück Salami probiert hatten? Ein Teil davon ging weiter, ohne etwas zu kaufen, was also einen Verlust für die Standbetreiber:innen bedeutete. Der Rest aber kaufte ein – und zwar in wesentlich größerem Umfang, als sie vorher umsonst gegessen hatten. Was ich noch interessanter fand: Je mehr verschiedene Probierstückchen Kund:innen erhielten, desto mehr unterschiedliche Salamis kauften sie am Ende.

Wie kann man diese Beobachtung auf Geschäftsmodelle anwenden, die sich nicht auf dem Weihnachtsmarkt abspielen? Ganz einfach: Wir sollten uns von den Standbetreiber:innen abschauen, dass es sich immer lohnt, Menschen etwas umsonst anzubieten. Das ist in fast jedem Bereich möglich. Als Speaker:in oder Coach könnten Sie beispielsweise einen Podcast betreiben, in dem Sie der interessierten Öffentlichkeit einige Tipps und Tricks zur Verfügung stellen. Als Verkaufstrainer:in bietet es sich an, ein Gratis-PDF mit Verkaufstipps zusammenzustellen, die Ihren potentiellen Kund:innen bereits erste Lösungsansätze bieten. Blogs sind ebenfalls eine sehr gute Möglichkeit, um Expertise zu teilen.

Trotz aller vorweihnachtlichen Gefühle sollten Sie aber nie aus purer Selbstlosigkeit Wissen an Ihre Kund:innen verschenken. Denn dann fehlt ihnen der Anreiz, in Folge eine wirkliche Dienstleitung bei Ihnen zu kaufen. Der Stand auf dem Weihnachtsmarkt hat keine fertig verpackten, ganzen Salamis verschenkt. Sondern kleine Stückchen, die den Probierenden das Wasser im Mund haben zusammenlaufen lassen – und Lust auf mehr geweckt haben. Genau so muss auch eine Gratisprobe Ihrer Dienstleistung aussehen:

1. Sie sollte perfekt auf Ihre Zielgruppe zugeschnitten sein.

Um im Beispiel zu bleiben: Es macht keinen Sinn, Sellerie- und Karottensticks an Passant:innen zu verteilen, die danach Salami kaufen sollen. Denn die Gratisprobe weckt kein Interesse an der eigentlichen Dienstleistung und lockt stattdessen Kundschaft an, die sich an einem anderen Stand besser aufgehoben fühlen und deshalb auch nicht bei Ihnen einkaufen wird. Überlegen Sie sich also genau, welche Probleme und Herausforderungen Ihre Zielgruppe beschäftigt und welche Gratis-Kostprobe Ihres Könnens daher besonders interessant für sie wäre.

2. Sie sollte den Kund:innen echten Mehrwert liefern.

Stellen Sie sich vor, Ihnen wird in den höchsten Tönen ein kostenloses PDF angepriesen, in dem Sie extrem hilfreiche Verkaufstipps bekommen sollen. Nun öffnen Sie besagtes Dokument und finden 5 generische Aussagen, die Sie sich auch selber hätten überlegen können. Würden Sie jetzt noch ein Vertriebscoaching bei diesem Anbieter oder dieser Anbieterin buchen? Vermutlich nicht, denn er oder sie hat Ihnen ja bereits etwas versprochen, was dann nicht geliefert wurde – ein unverzeihlicher Vertrauensbruch. Und der Einblick in seine oder ihre Expertise, der als Kostprobe geliefert wurde, war auch nicht besonders überzeugend. Stellen Sie also grundsätzlich sicher, dass Sie tatsächlich das halten, was Sie versprechen und Ihren Kund:innen sinnvollen Input geben. So bauen sie Vertrauen zu Ihnen und Ihrer Expertise auf und sind eher bereit, in Ihre hochpreisigeren Angebote zu investieren. Denn wenn Sie ihnen schon für umsonst gut geholfen haben, möchten sie sicher gern herausfinden, wie viel mehr sie für Geld bekommen können.

3. Sie muss noch Wünsche offen lassen.

Es macht keinen Sinn, bereits alles zu verraten, was die Kund:innen wissen müssen. Ansonsten brauchen sie Sie und Ihre Dienstleistung nicht mehr. Deshalb haben die Verkäufer:innen auf dem Weihnachtsmarkt auch keine ganzen Salamis verschenkt, sondern nur kleine Appetithappen. Verraten Sie Ihren Kund:innen also immer nur so viel, wie sie brauchen, um Interesse an Ihrer Dienstleistung zu bekommen. Machen Sie ihnen das Leben umsonst einfacher – und zeigen Sie ihnen gleichzeitig, dass es noch viel einfacher werden kann, wenn sie mit Ihnen zusammenarbeiten!

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